Usability-Tipps - Kapitel "Werkzeuge"

Erreichbarkeit: Mindestvoraussetzung für Conversions

Es klingt trivial: Nur wenn Ihr Server möglichst durchgehend erreichbar ist, kann Ihr Shop auch wirklich „24 x 7“ verkaufen; Ihre Website potentielle Kunden informieren und Anfragen, Downloads – oder was auch immer das primäre Ziel Ihrer Website ist – erreichen.

Erreichbarkeit oder auch „Verfügbarkeit“ des Servers ist logischerweise also ein wesentlicher Faktor für jede Website. In der Regel ist die Erreichbarkeit daher auch Gegenstand des Vertrags, den Sie mit Ihrem Provider abschließen, wenn Sie Ihre Website auf einem gemieteten Server oder im Shared-Hosting – Umfeld auf einer Maschine mit vielen anderen Websites betreiben.

Ausfallzeiten fast unvermeidbar

Unabhängig davon, welche Variante Sie gewählt haben, wird Ihnen wohl kein Anbieter eine einhundertprozentige Erreichbarkeit der Website garantieren. Warum das relevant ist? Weil 99% (was faktisch sogar ein niedriger Wert ist) so genannte „Uptime“ eben bedeutet, dass Sie an 1% von 365 Tagen im Jahr unerreichbar sein können. Selten aber nimmt sich ein Server diese Auszeit „am Stück“. Viel eher werden geplante Wartungszeiten oder unerwartete, aber vom Provider schnell behobene Ausfälle der Grund sein, warum eine Website nicht erreicht werden kann. Die Ausfälle können sich aber schnell zu mehreren Stunden im Monat summieren.

InternetVista-Report

Kurze Perioden ohne Erreichbarkeit sind mehr oder weniger unvermeidlich und auch nur selten ein echtes Problem. Selten ist aber nicht: „nie“. Freundlicherweise in die Nachstunden gelegte geplante Wartungsarbeiten an einem Server können so z. B. in einem der Zielmärkte einer international ausgerichteten Website genau in die „Prime Time“ fallen.

Server da, CMS eingeschlafen?

Zudem ist nicht garantiert, dass Ihre Website auch wirklich funktioniert, nur weil der Server erreicht werden kann. Probleme mit der Datenbank, Ausfall einzelner Serverkomponenten oder auch gezielte Angriffe auf Ihr Content Management System mit der Absicht, Ihre Website  lahmzulegen, können auch bei funktionierendem Server zum gleichen Problem führen: Ihre Site „funktioniert“ nicht korrekt, der Shop verkauft nicht.

Besonders übel: Teilausfälle

So richtig böse wird es, wenn Ihr Server funktioniert und auch Teile der Website einwandfrei erreicht werden können, aber bestimmte Funktionen ausgefallen sind. Das kann im „einfachsten“ Fall der Newsbereich sein, der in der ansonsten durch ein anderes CMS oder als statische Seiten gepflegten Website eingebunden ist und auf einem gerade nicht mehr funktionierenden Blogsystem basiert. Viel schlimmer ist es hingegen, wenn Sie in Ihrem Shop z. B. Zahlungssysteme von Drittanbietern eingebunden haben und ausgerechnet die zur reibungslosen Anbindung erforderliche „Brücke“ nicht mehr funktioniert. Denn das bedeutet übersetzt: Die Kunden kommen mit dem gefüllten Einkaufswagen und geöffneter Geldbörse an die Kasse und dort geht es nicht mehr weiter.

Die „Lösung“: Messen

Für jeden dieser Fälle gibt es verschiedene Methoden, den Ausfall so schnell wie möglich selbst mitzubekommen und eine Korrektur einzuleiten. Im einfachsten Fall können Sie sich „direkt“ von Ihrem selbst betriebenen Server bei Problemen per Mail oder SMS benachrichtigen lassen. Oft wird ein gewisses Monitoring in irgendeiner Form auch direkt vom Provider angeboten.

Für alle anderen Fälle existieren verschiedene Dienste, die in wählbaren Intervallen Ihren Server überprüfen, Dienste auf Ihrem Server aufrufen und die Antworten checken, Inhalte von Seiten auf bestimmte Begriffe abprüfen oder sogar Formulare ausfüllen.

sitealert

Je nachdem, im welchem Umfang man diese externen Prüfdienste (auch „Sonden“ genannt) nutzen will, gibt es verschiedene kostenlose oder auch kommerzielle Anbieter, die von verschiedenen Standorten regelmäßige Verfügbarkeits-Kontrollen, durchführen und daraus Statistiken über Ausfallzeiten etc. erstellen. In der Regel werden Sie auch bei einem Ausfall direkt per Mail, Twitter, SMS oder einer Kombination verschiedener Kanäle darüber informiert, dass Ihr Server, ein bestimmter Dienst oder ein Teil Ihrer Website nicht mehr antwortet oder zumindest nicht die erwartete Antwort geben. Ein Beispiel dafür ist eine gehackten Startseite, auf der plötzlich Begriffe erscheinen, die dort garantiert nichts zu suchen haben (ja genau, Sie können einen Alarm konfigurieren, sobald „Viagara“, „Poker“ oder „Partnertausch“ etc. auf Ihrer Website erscheinen, wenn das nicht gerade Ihr Kerngeschäft ist.

Auswahl verschiedener Anbieter

Ob Sie einen der kostenlosen Dienste nutzen oder besser ein Premium-Paket buchen sollten, hängt maßgeblich vom Umfang der geplanten Messungen ab und auf welche Art die Prüfungen erfolgen sollen. Generell bieten aber auch die kostenpflichtigen Überwachungsdienste Ihre Leistungen für eine gewisse Testphase kostenlos an, so dass man nirgends die Katze im Sack kaufen kann. Generelle Empfehlungen sind allein deshalb schon sehr schwierig, weil jede Website unterschiedliche Anforderungen hat:

  • Was soll genau geprüft werden („nur“ die HTTP-Serverantwort, Inhalte / Schlagworte, Formulare, andere Dienste / Protokolle) 
  • Wie oft muss geprüft werden?
  • Welche Länder (passend zu den Zielgruppen) sind relevant, so dass von passenden Standorten aus geprüft werden kann
  • Welche Maßnahmen müssen im Problemfall konfiguriert werden können (Verteiler, Kanäle etc.)?
  • Welche Reports müssen ggf. regelmäßig erstellt werden oder gar per API abrufbar sein? In welchem Format?
  • Was darf der Spaß kosten?

Je nach dem, wie Ihre Antworten ausfallen, kann die Antwort nach dem „besten Anbieter“ sehr unterschiedlich ausfallen. Für einen Einstieg eignen sich z. B. die folgenden Kandidaten. Wer weitere Dienste kennt und / oder nutzt, kann gern über die Kommentarfunktion zusätzliche Anbieter ergänzen.

Lokalmatador: Livewatch

Unter livewatch.de finden Sie eine Überwachung, die auch kostenlos eingesetzt werden kann,  nachdem Sie Ihre Site per Scriptcode „verifiziert“ haben. Das Intervall von 10 Minuten und die spätestens nach 4 Wochen bestehende Bannerpflicht sind in diesem Umfeld nicht unüblich. Diese kostenfreie Variante eignet sich aber eher für kleine (und auf keinen Fall umsatz- bzw. lebenswichtige) Projekte. Verschiedene Preismodelle erlauben aber auch kürzere Überwachungszeiten von bis zu einer Minute und mehrere Server. API-Zugriff für die Einbindung der Informationen in eigene Monitoring-Dashboards, das interne Reporting oder zur Fernkonfiguration ohne Browser und wählbare Standorte für die Überprüfung sind Features, die den Einsatz in Unternehmen faktisch jeder Größenordnung ermöglichen. Ein weiterer Vorteil, der relevant sein kann: Es gibt eine deutsche Oberfläche.

Urgestein: Pingdom

Der „Opa unter den Sonden“ heißt Pingdom. Der unschlagbare Vorteil für Webmaster, die nur eine Site überwachen wollen und sich mit der einfachen Prüfung der HTTP-Antwort zufrieden geben, ist der Preis für die Überwachung – selbst im Minutentakt: kostenlos. Das Verhalten im Fehlerfall kann recht individuell eingestellt werden; Benachrichtigungen gibt es nicht nur per Mail, SMS & Co. sondern zeitgemäß wahlweise auch per iPhone- oder Android-App direkt auf das Mobiltelefon. Wer für die Dienstleitung bezahlt, kann auch hier deutlich mehr prüfen bzw. per API zugreifen.

Alleskönner: Internet Vista

Selbst wenn für den eigenen Geschmack die Preise für die kostenpflichtigen Varianten bei internetvista.com zu hoch ausfallen sollten, ist der kostenlose 60-Tage-Test empfehlenswert… Allein schon deshalb, weil man so zumindest über eine gewisse Zeit mehrere Dienste ohne Mehrkosten parallel betreiben und so einen Eindruck über die Verläßlichkeit der Meldungen gewinnen kann. Denn der Funktionsumfang und auch die Vielfalt der Prüfmethoden sind beeindruckend; die Reports ebenso umfangreich wie nützlich. Mehrere Sprachen erleichtern den Einsatz für internationale IT-Teams, solange es nicht explizit „deutsch“ sein muss, denn diese Sprache fehlt in der Liste.

Sparfuchs: UptimeRobot

(Noch) gänzlich ohne Preismodell funktioniert der recht junge UptimeRobot. Bis zu 50(!) Sites können hier im 5-Minuten-Intervall überprüft werden, ohne dass Kosten entstehen. Die Checks sind inzwischen auch nicht mehr nur auf HTTP und Port 80 beschränkt, so dass man eine ganze Menge sinnvoller Prüfungen umsetzen kann, ohne Kosten zu verursachen. Zumindest für den Fall, dass es nicht unbedingt Checks im Minutenabstand sein müssen. Dazu gehören auch hier „Keywordchecks“, die den Inhalt einer Seite kontrollieren.

Eyecandy: Sitealert

Optik ist nicht die einzige Stärke von Sitealert, einem weiteren Vertreter aus Deutschland. Aber die Auswertungen im Browser zählen dennoch zu den Besonderheiten. Neben den mehr oder weniger mit anderen Anbietern vergleichbaren Funktions- und Preismodellen liegt der Fokus zudem auch auf Ladezeiten (die auch bei InternetVista nicht zu kurz kommen). Für die kostenlose Variante steht zwar nur eine Prüfung pro Stunde zur Verfügung, aber „Dauerfeuer“ können Sie in einer kostenpflichtigen Variante (oder Pingdom im Paralleleinsatz) ja immer noch geben.

Und noch mehr

Wenngleich dies eine Auswahl und kein Marktüberblick sein soll, können ein paar weitere Links zu Anbietern sicher nicht schaden. Es ist sowieso sinnvoll, sich mehrere Kandidaten anzusehen und je nach Wichtigkeit der Website (gemessen am Risiko und den Folgen eines Ausfalls) ggf. auch dauerhaft mit mehr als einem Dienst zu arbeiten. Auch die folgenden Kandidaten bieten in irgend einer Form eine kostenlose Variante (meist gegen Banneranbringung) oder einen Testaccount.

Einsteigen und passende Lösung finden

Es gibt eine große Auswahl und für jeden Anwendungsfall findet sich eine passende Messmethode. Die Vielfalt bedeutet auch, dass selbst ohne Budget ein recht hohes Maß Sicherheit gewonnen werden kann. Außerdem ist „irgendwie“ messen immer besser als nur zu hoffen, dass der Server und die Website gerade funktionieren. Bedenken Sie aber, dass der „Sondentraffic“ auf jeden Fall zusätzlich zu den normalen Besuchern und Suchmaschinencrawlern weitere Spuren in den Logs Ihres Servers hinterlassen. Ein- und Ausschalten von Sonden bemerken Sie also ggf. in der Logfileanalyse.

Probleme wie „durch Messung überlastete Server“ oder Überschreiten des maximalen Trafficvolumens bei kleinen Hostingpaketen müssen Sie hingegen auch bei kleinen Intervallen und mehreren parallel betriebenen Sonden kaum befürchten – zumindest dann nicht, wenn Sie sich auf vergleichsweise „normale“ Überwachungsfunktionen beschränken.