Usability-Tipps - Kapitel "Barrierefreiheit-Navigation"

Accesskeys: Hotkeys für Webseiten

Tastaturbedienung und Webseiten sind zwei Dinge, die eigentlich niemals so richtig zusammen passen wollen. Dennoch gibt es einige Mittel, die zur Verbesserung eingesetzt werden können; darunter Schnellzugriffstasten (-kombinationen), die mit Hilfe so genannter Accesskeys realisiert werden. Diese haben gegenüber Javascript- und anderen „Client-Lösungen“ den Vorteil, dass diese in der Regel von jedem Browser unterstützt werden und im Gegensatz zu Scripten auch dann noch genutzt werden können, wenn eben nicht der gewöhnliche Browser daherkommt…

Sind Accesskeys gut oder schlecht?

Generell ist die Implementierung solcher Kürzel sicher nicht schädlich, sondern hilfreich. Im Gegensatz zu einer „echten Anwendung“, wie man sie vom Desktop her kennt, ist eine Website aber üblicherweise anders gestrickt, wird anders bedient und dient auch nicht dem gleichen Zweck wie eine Textverarbeitung oder andere PC-Werkzeuge, bei denen man eine gute Tastaturbedienung per Hotkey als regelmäßiger Benutzer schmerzlich vermissen würde. Ausnahmen wie webbasierende Anwendungen sollen und dürfen daher auch andere Mittel nutzen, um möglichst „desktopähnlich“ bedienbar zu sein.

Im Fall einer typischen Website ist die Anforderung, die Site per Tastatur wirklich vollständig zu bedienen, aber eher selten. Das wird sich auch nicht ändern, solange der Großteil der Benutzer einen üblichen Browser verwendet. Durch die wachsende Verbreitung mobiler Geräte und die nicht immer ideale Bedienbarkeit auf heute so beliebten „Netbooks“ kann es auch ohne Fokus auf Barrierearmut sinnvoll sein, zumindest einen Teil des Webauftritts leichter zugänglich zu machen. Dazu können durchaus die Accesskeys, wie sie in HTML vorgesehen sind, in einem gewissen Umfang dienen. Der „Einbau“ ist recht simpel, wenn man die Ziele identifiziert hat, die per Tastenkürzel erreichbar gemacht werden sollen. Es handelt sich bei accesskey um ein Attribut eines Links, das genau wie title, href etc. definiert wird:

<a href=“http://usability-tipps.de/impressum.html“ accesskey=“1″>Impressum</a>

Um einen solchen „Hotkey“ dann nutzen zu können, ist der Benutzer auf die Unterstützung seines Webseitenlesegerätes – in den meisten Fällen also des Browsers – angewiesen. Spätestens hier fängt das Dilemma an, denn jeder Browser ist auf eine andere Tastenkombination angewiesen, um die Zugriffstasten zu verwenden. Und selbst beim gleichen Hersteller ist die Implementierung der Unterstützung abhängig von Versionsnummer und Betriebssystem. Außerdem ist es unabhängig von den dadurch in der Regel erforderlichen Bedienhinweisen auch erforderlich, die bestehenden Zugriffstastenkürzel dem Benutzer mitzuteilen, damit er diese überhaupt nutzen kann. Gepaart mit der Tatsache, dass durch mögliche Kollision eines gewählten Kürzels mit Hotkeys des verwendeten Browsers die Anzahl der verwendbaren Tasten sehr begrenzt ist, sind Accesskeys nicht sehr beliebt. Man findet diese daher fast nur auf Seiten, deren Angebot sich explizit an Besucher mit bestimmten Behinderungen richten, deren Anbieter rechtlich dazu verpflichtet sind oder die sich mit allgemein dem Thema der Zugänglichkeit von Webseiten beschäftigen.

Accesskeys für seiteninterne Navigation

Das gilt zumindest für Accesskeys, die zum Aufruf neuer Seiten gedacht sind. Für die seiteninterne Navigation hingegen sind Accesskeys schon etwas populärer. So kann ein wie oben gestalteter Accesskey dafür sorgen, dass oben auf der Seite angebrachte Skiplinks weitaus nützlicher werden, wenn per Tastatur bedient werden soll oder muss. Der erste Link des Beispiels aus dem Beitrag über Skiplinks würde durch einen Accesskey ergänzt dann z. B. so aussehen:

<ul id=“skip”>
<li><a href=“#cnt” accesskey=“2″>zum Inhalt [2]</a></li>

</ul>

Auf diese Weise ist die Abkürzung zum Überspringen des Kopfs und der Navigation einfach zu aktivieren. Die [2] soll dafür sorgen, dass derjenige, der den Skiplink liest erkennt, dass es überhaupt einen Accesskey gibt (mehr dazu weiter unten).

Nutzung in Formularen

Besonders bei Webformularen, die mehr als nur zwei oder drei Eingabefelder besitzen, können Accesskeys ebenfalls sinnvoll eingesetzt werden, um die Tastaturbedienbarkeit zu verbessern. Was man aus einer Desktopanwendung kennt, kann so auch im Web nachgebildet werden: Der Titel eines Eingabefeldes bekommt einen unterstrichenen Buchstaben, der dann (je nach Browser) gemeinsam mit ALT gedrückt dafür sorgt, dass das entsprechende Eingabefeld fokussiert wird. Ein Beispiel findet sich im Kontaktformular auf dieser Domain.

Im Quelltext sieht ein solches Gespann aus Bezeichnung (nebst unterstrichenem Accesskey) und Eingabefeld dann z. B. so aus:

<label for=“name“>N<u>a</u>me*</label>: <input name=“name“ accesskey=“a“ type=“text“ />

Welche Tasten sind nutzbar?

Wer Accesskeys für seiteninterne Navigation, Formularunterstützung und Aufruf bestimmter Inhalte miteinander kombinieren will, kommt schnell an die Grenzen von einfach zu erlernenden Abkürzungen. Vor allem der Einsatz in Formularen, in denen theoretisch alle Buchstaben benötigt werden könnten, beschränkt die verfügbaren Schnellzugriffstasten für andere Funktionen wie Seitenaufrufe auf Ziffern und ggf. Sonderzeichen.

Das Problem wird verschlimmert, wenn man davon ausgeht, dass bei Verwendung der ALT-Taste zahlreiche Konflikte mit Hotkeys vorprogrammiert sind, die der Browser selbst anbietet. Das populärste Beispiel ist das „D“: Mit dessen Hilfe wird  in so ziemlich jedem (deutschsprachigen) Browser das „Datei“ – Menü geöfnet, wenn „D“ zusammen mit „ALT“ gedrückt wird. Und da es nach wie vor Browser gibt, die auch allein die ALT-Taste zum Zugriff auf Accesskeys verwenden, fallen die meisten möglichen Zugriffstasten aus der Auswahl. Berücksichtigt man alle „denkbaren“ Browser, Screenreader etc. und alle Betriebssysteme, bleiben immer weniger Tasten übrig. Eine entsprechende Studie reduziert die Anzahl der wirklich „sicheren“ Tasten auf drei:  „/“, „\“ und „]“.

Weniger streng ausgelegt kann man zumindest davon ausgehen, dass in der Regel alle Zifferntasten als Accesskeys geeignet sind, denn diese werden nur in moderneren Browsern dazu verwendet, Registerkarten zu aktivieren, auf denen eine von mehreren Seiten gleichzeitig geöffnet wurde… und hier wird zur Aktivierung eines Accesskeys zumeist eine andere Kombination benötigt als lediglich „ALT + Zugriffstaste“. Eine unvollständige Übersicht der Browser und Tastenkombinationen liefern auch die Hinweise zur Tastaturbedienung für diese Domain.

Die Verwendung von Ziffern ist also „relativ“ sicher, während die Accesskeys des Kontaktformulars auf usability-tipps.de je nach Browser und / oder eingesetzten additiven Werkzeugen tatsächlich mit Hotkeys der nutzenden Anwendungen kollidieren können und eher zu Demonstrationszwecken dienen.

Kommunikation von Accesskeys

Neben der Frage nach den richtigen Tasten steht aber vor allem die Frage „Wie sage ich es meinem Anwender?“ im Vordergrund. Dabei gibt es mehrere Möglichkeiten, die im Idealfall miteinander kombiniert werden sollten. Der einfachste Weg ist es, dem Element, welches per Accesskey erreichbar ist, diese Information gleich mitzugeben. Das kann z. B. im „Titel“ des Elements passieren… im Linktext bei Links oder wie oben gezeigt bei der Bezeichnung eines Eingabefeldes. Außerdem existiert für Links und andere Elemente das title-Attribut, welches ebenso dazu dienen kann, die Schnellzugriffstasten zu benennen. All diese Lösungen kranken aber an der Tatsache, dass relativ wenig Platz dafür zur Verfügung steht. Ein Buchstabe oder eine Zahl in runden eckigen Klammern, die an einen Titel angehängt ist, animiert noch lange nicht jeden Nutzer dazu, dies als Hotkey auszuprobieren. Wenngleich sich diese Hilfsmittel primär an Besucher mit Behinderungen richten, die diese Form der Kommunikation für Accesskeys kennen, ist eine separate Seite mit ausführlicheren Hinweisen besser geeignet. Denn hier kann nicht nur auf die Existenz der Hotkeys hingewiesen werden, sondern auch für den Besucher mit „normalem“ Browser erläutert werden, wozu diese dienen und wie man sie verwendet.

Ein beliebter Mittelweg zwischen aufdringlicher / umfangreicher Kommunikation und der dezenten Anbringung von Accesskeys, die nur von den wenigsten Besuchern wahrgenommen werden, ist das Accesskey-Pad. Dieses stellt einen „Tastenblock“ dar, kann an das eigene Design angepasst und beliebig platziert werden, um auf die Hilfestellung hinzuweisen; zusätzliche Scripte vereinfachen zudem die Bedienung per Internet-Explorer.

„Link Relationships“ als Alternative?

Um einen einheitlichen Weg anzubieten, zwischen verschiedenen Seiten einer Domain per Schaltfläche oder Tastendruck wechseln zu können, dienen eigentlich auch noch andere Mittel wie z. B. die so genannten „link relationships„; zumeist in den Kopfdaten einer HTML-Seite. Angaben wie <link rel=stylesheet…> o. Ä. finden Sie in fast jeder HTML-Seite (im Kopf des Quellcodes). Es handelt sich dabei um Verweise auf externe Daten wie CSS-Designs, Favicon-Grafiken u. Ä. Solche Angaben können aber auch dazu verwendet werden, auf die Startseite, die vorherige oder nächste Seite zu verweisen. Dazu dienen Angaben wie z. B.

<link rel=“prev“ href=“seite4.html“>
<link rel=“next“ href=“seite6.html“>
<link rel=“contents“ href=“seite1.html“>
<link rel=“start“ href=“seite0.html“>
<link rel=“index“ href=“uebersicht.html“>
<link rel=“help“ href=“hilfe.html“>

Mit Hilfe solcher Metatags bzw. Angaben als Attribute von entsprechenden Links innerhalb einer Seite wäre es also durchaus möglich, eine Navigationsleiste für die eigene Site mit den entsprechenden Zielseiten zu versehen, welche dann auch mittels Browser-Hotkeys per Tastatur bedienbar wäre. Da aber kein lebender und angewendeter Standard daraus entstanden ist und eine flächendeckende Nutzung dieser speziellen Kopfdaten durch Browserhersteller ausgeblieben ist, sind Link relationships nur eine Randerscheinung geblieben. Die Tatsache, dass dort, wo sie eingesetzt werden, noch lange keine Sicherheit darüber besteht, wie genau man diese Tags wirklich nutzt (prev oder previous?), zeigt eine Übersicht bei Google. Hier kann auch gut abgelesen werden, dass nur ein Bruchteil der von Google erfassten Seiten dieses Mittel überhaupt anwenden. Wo diese genutzt werden, kann man meistens davon ausgehen, dass Besuche von Lesevorrichtungen erwartet werden, die diese speziellen Angaben auch wirklich nutzen.

Fazit

Die Nutzung von Accesskeys ist in einem gewissen Rahmen für den Webmaster mit wenig Arbeit verbunden, solange es um den Aufruf von bestimmten Seiten und ggf. die Bestückung einer Skiplink-Navigation geht. Beides ist in der Regel durch einmalige Implementierung im Template des CMS oder der Seiten- und Menüvorlage des eingesetzten Editors erledigt. Werden die Accesskeys dann noch in einer angemessenen Form kommuniziert, kann dieser Mehrwert auch von Besuchern wahrgenommen werden, die nicht aktiv nach solchen Hilfsmitteln suchen bzw. darauf angewiesen sind. Durch die wachsende Akzeptanz von Internet auf mobilen Geräten und den Vormarsch kleinster Geräte wird die Bedienung ohne typische Maus auch zunehmend interessanter für einen größeren Nutzerkreis… jedenfalls für bestimmte Angebote im Web. Man kann und sollte sich daher die Mühe machen… vielleicht nicht für jede Domain, aber sicher für mehr Sites, als dies derzeit im „Web 2.0“ der Fall ist.