Usability-Tipps - Kapitel "Inhaltsgestaltung"

Kürzen vs. Suchmaschinenoptimierung

Eine klassische Anforderung an die Benutzerfreundlichkeit ist es, den User nicht mit unnützem Ballast zu überfrachten. Eine ebenso goldene Regel im Web hinsichtlich der Auffindbarkeit in Suchmaschinen (neben dem derzeit allmächtigen Linkaufbau) ist die Regel „Content is King„. Man sollte also möglichst viel Inhalt auf jeder Seite bieten, denn nur wer etwas zum Thema zu erzählen hat, dem gönnt Google den Klick. Kann man beiden Anforderungen gerecht werden? Kürzen an den richtigen Stellen, Zusammenfassungen und invertierte Pyramiden helfen dabei, diesen Spagat zu meistern. Für die „Text-Usability“ ist der obige Satz in Klammern also z. B. nicht besonders förderlich. Man muss beim Lesen innehalten und sich merken, worum es eigentlich ging. Zudem bringt er auch nichts für Suchmaschinen, denn der Begriff „Linkaufbau“ hat so (allein) ohnehin keine Chance, etwas zu bewirken. Warum lassen wir die Klammer und den Text darin nicht einfach weg? Und warum steht hier überhaupt dieser ganze Absatz?

Gute Fragen. Außerdem wird dieser Text immer länger, ohne endlich mal wieder mit einer Zwischenüberschrift aufgefrischt, unterbrochen, mit Struktur bedacht wird. Also los, was hindert uns? Ehrlich gesagt: Keine Ahnung. Es macht einfach so viel Spaß… und außerdem ist es ein prima, klasse(!), einwandfreies; ja aus dem echten Leben gegriffenes Beispiel, dass man im Web (Sie wissen schon, dieses Internet… das was Sie sehen, wenn Sie durch den Browser schauen) jede Menge Text ablegen kann, der eigentlich überhaupt keinen Zweck erfüllt.

Ein Beispiel: Übersichtsseiten

Die Technik im Shop hat eine Übersichtsseite erfordert, das Marketing aber keinen Text geliefert. Nur ein paar Links sind zu wenig und ein „Klicken Sie auf eine der Kategorien auf der linken Seite in der Übersicht“ wollte so allein auch nicht unter der allmächtigen Hauptüberschrift gefallen. Also wird Text angefordert oder einfach auf die Schnelle produziert. So lange, bis in der zufällig gerade herrschenden Auflösung des zur Befüllung der Seite Verdammten das Ganze „irgendwie schlüssig, formschön… befüllt“ aussieht.

Der User, der diese Übersichtsseite durch Klick auf die Hauptnavigation erreicht, muss nun die Aufgabe lösen herauszufinden, was für ihn relevant ist (wahrscheinlich nichts) und wendet sich dann ganz von selbst der Navigation, einem auffälligen Element oder dem „Zurück“-Button zu. Je nach Laune und Leidensfähigkeit.

Während der Ausweg hier vielfältig ausfallen kann und z. B. Topseller, Abkürzungen zu den Hauptprodukten der Kategorie etc. sinnvoller Inhalt solcher Seiten sind, kann auch die Einkürzung und das Entfernen aller Füllbegriffe und ganzer unnötiger Absätze hier schon viel zur Benutzerfreundlichkeit beitragen. Wo dies nicht geht, helfen die üblichen Mittel wie Zwischen-Überschriften, Aufzählungen, Hervorhebungen, um den Text möglich auch für Querleser – also faktisch alle – nutzbar(er) zu machen.

Kürzen Sie an den wesentlichen Stellen

Viele Seiten eines Webauftritts sind oft durchaus kürzbar. Vor allem auf der Startseite konkurrieren oft nicht nur zu viele, sondern auch zu umfangreiche Angebote um die Aufmerksamkeit des Besuchers.

Ein Hauptbestandteil ist die Kurzvorstellung des Zwecks Ihrer Website und / oder Ihres Unternehmens. Auch dort findet sich bei vielen Startseiten entweder das Potential zum Einkürzen oder zur Verbesserung der Lesbarkeit durch Hervorhebung, Umstellung, Strukrur… oder alles auf einmal.

Als Faustregel darf gelten: Kürzen Sie zunächst an den wesentlichen Stellen. Das sind z. B. die folgenden Kandidaten:

  • Startseite
  • Unternehmensvorstellung
  • Einstiegsseiten in die Hauptbereiche
  • Übersichten
  • Einleitungen, Erklärungen, Zusammenfassungen

Ergänzung zum letzten Punkt: Bleiben Sie Begriffen wie „Kurzbesschreibung“ oder „Zusammenfassung“ dort treu, wo es ausführlichere Inhalte gibt, die jeder Interessierte dann ausführlicher studieren kann. Dazu sollte es das Thema des Inhalts aber auch hergeben: Während Blogs, Informationssammlungen, Forenbeiträge etc. gern etwas ausführlicher sein dürfen und der Leser sich darauf eingestellt hat, ganze Sätze zu lesen (meistens zumindest), sollte eine Funktionsbeschreibung zu einem Anmeldeprozess, die Einleitung zu einem Kontaktformular etc. möglichst wenig Zeit des Benutzers beanspruchen. Denn er liest diese Abschnitte – wenn überhaupt – nur Bruchstückhaft und Ihnen zuliebe. Eigentlich will er ja etwas ganz anderes: Einkaufen, eine Nachricht senden, eine Frage stellen oder was auch immer. Aber eben nicht lesen, wie das geht. Ist eine Funktion also nicht selbsterklärend, sollten zumindest die Anweisungen kurz und hilfreich sein.

Pyramiden, die auf dem Kopf stehen

Speziell dort, wo längere Erklärungen zwar erforderlich sind, aber nur von wenigen Benutzern auch in aller Ausführlichkeit benötigt werden, ist zusätzlich zu einer schnell erkennbaren Zusammenfassung auch ein entsprechender Schreibstil hilfreich für den Benutzer. Wenn Sie z. B. in einem FAQ als Besucher eine passende Frage zu Ihrem Problem finden und ein Klick eine mehrseitige Antwort  zu Tage fördert, sind Sie dankbar für jede Möglichkeit, Zeit zu sparen. Beispielsweise dabei herauszufinden, ob die Antwort wirklich hilfreich für Sie ist. Ein beliebes Mittel, um neben Querlesbarkeit und Kurzfassungen weitere Hilfestellung anzubieten, ist die so genannte „umgekehrte Pyramide“. Das Prinzip besagt, dass Sie die wesentlichen Informationen, Fakten oder Angaben direkt in den ersten Absatz – also die Einleitung eines längeren Abschnitts – packen. So kann oft schon nach dem Lesen von wenigen Worten entscheiden werden, ob sich das Weiterlesen lohnt.

Wenn der Essenz einer langen Passage am Anfang nach diesem Aufbau immer unbedeutendere oder detailliertere Informationen folgen, kann ein zu langer Text mehr oder weniger gefahrlos von hinten nach vorn gekürzt werden, ohne das die Kernaussage des Textes verloren geht. Da dies besonders bei Zeitungstexten häufiger erforderlich ist, sind speziell diese Informationen nach dem Prinzip der umgekehrten (oder invertierten) Pyramide geschrieben. Passen Sie in den textlastigen Bereichen Ihrer Website die Inhalte an diese Regel an, schlagen Sie zudem gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Erstens erhält der Besucher einen schnellen Überblick über den Inhalt und kann sinnvoll entscheiden, ob sich ein tieferer Einstieg in den Seiteninhalt lohnt… und zweitens sorgen Sie dafür, dass die potentiell wichtigen Informationen und Begriffe dort stehen, wo Suchmaschinen ihnen die meiste Bedeutung zumessen.

Wertvoller und übersichtlicher Content is King!

Auf der anderen Seite ist es weder verboten,  noch für Webbenutzer unzumutbar, wenn Ihr Webauftritt auch außerhalb des integrierten Blogs oder Forums umfangreiche Informationsangebote enthält, die ausführlich einzelne Aspekte Ihrer Produkte und Leistungen o. Ä. beschreiben oder Anleitungen, Hilfestellung oder aktuelle Informationen anbieten. Zumeist passiert dies aber nicht unbedingt in den Haupteinstiegsseiten in die Segmente Ihrer Website – also der ersten Navigationsebene, sondern in tiefer liegenden Inhaltsbereichen. Hier ist es auch in der Regel kein Problem, genug Inhalt anzubieten, der für Suchmaschinen ausreichend „schmackhaft“ ausfällt, um Suchtreffer zu erzeugen. Solange auch diese eher größeren Textanteile gut strukturiert und „querlesbar“ sind, wird sich der ggf. so erhaltene neue Besucher auch mit anderen Inhalten Ihrer Site beschäftigen. Dies wird begünstigt, wenn ihm Navigation, Breadcrumb-Navigation und Layout gut signalisieren, wo er sich befindet ist und was es sonst noch zu finden gibt.